THE AUSTRIAN MAZE
MAY 11 2019

THE AUSTRIAN MAZE MAY 11 2019

ARTSPACE MOROKUTTI – Via Garibaldi San Gioachin 490a – 30125 Venezia – Italy

Saturday, May 11, 2019 at 6 PM – 9 PM

Hosted by Brendan Kronheim and Philipp Wegan

Philipp Wegan
Darstellung des ersten ÖVP Alleinkanzler Josef Klaus, dessen Spatenstich für das Atomkraftwerk Zwentendorf, ein gravierender, historischer Irrtum war.
Philipp Wegan ist ein aktivistischer Künstler und betreibt „Agitpropkunst des 21. Jahrhunderts“ in der Tradition von John Heartfield.
Er arbeitet auch mit kollektiven, partizipativen Strategien im Sinne der sozialen Plastik von Joseph Beuys.

Judith Lava
Die etablierte, international agierende Videokünstlerin aus Kärnten präsentiert eine Arbeit aus dem Jahr 2000, als Positionierung zum Machtwechsel zur Schwarz-Blau- Wenderegierung unter Schüssel und Riess-Passer bzw. zur Alleinregentschaft von Jörg Haider als Kärntner Landeshauptmann.
Das Video wurde erstmals im Jahr 2000 in der Universität Klagenfurt gezeigt.
Judith Lava lebt und arbeitet in Wien und Zürich.

Elfriede Jelinek
Nobelpreis für Literatur 2004.
Der Text nimmt Bezug auf das Buch und den Text „Die Tote im Fluss – der ungelöste Fall der Denisa S.“ von Martin Leidenfrost und handelt von einem Kriminalfall in Steyr im Jahre 2009, anhand dessen das Leid von halblegalen bzw. illegalen slowakischen Pflegerinnen und deren Ausbeutung exemplarisch ablesbar wird. Der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel leugnete den Tatbestand eines Pflegenotstands in Österreich, wurde allerdings von Journalistinnen angesichts der illegalen Anstellung einer slowakischen Pflegerin in seiner eigenen Familie entlarvt und der Doppelmoral bezichtigt.

Karl Grünling
“Wohin es auch geht, du bist dabei” ist als Grünlings philosophisches Generalmotto zu verstehen, das ursprünglich für eine vier tägige Performance in Graz verwendet wurde und nunmehr modifiziert in der Austrian Maze Slideshow figuriert.
Karl Grünling hat in den 80er Jahren des vergangenen Jhdts. bei Joseph Beuys soziale Plastik studiert.

Brendan Kronheim
Die Serie „ Ein Land – ein Lächeln“ entstand 1994 während des Wahlkampfes zum österreichischen Nationalrat, als erstmal seitens der FPÖ auf Plakaten gegen Kulturschaffende wie Elfriede Jelinek, Klaus Peymann und Peter Turrini im Stile des NS-Blattes „Der Stürmer“ gehetzt wurde. Die neun Defacement Gemälde sind Photovorlagen der „ Ostmarkwoche“ (Boulevardmedium nach dem Anschluss) „Ganze Woche“ (Boulevardmedium aus der Zeit der 2. Republik) und „Österreichwoche“ (aus der Zeit des Austrofaschistischen Ständestaatregime, 1934 bis 1938) nachempfunden.

Ivica Schmid
Das Video „speed kills“ des austro-kroatischen Kameramanns Ivica Schmid dokumentiert die donnerstäglichen Widerstandsbewegungsdemos des Jahres 2000.
Das Video ist nicht nur aufgrund der individuellen Sichtweise ein historisch wertvolles Dokument, sondern auch ein durchaus nüchterner, künstlerischer Kommentar zur Widerstandskultur im “gewendeten” Österreich des Jahres 2000.

Elisabeth Schafzahl
„Ruhekissen“ behandelt den Mythos des Opferstatus von Österreich nach der Nazizeit anhand der Balkonszene des Staatsvertrages 1955, der die Freiheit und Neutralität Österreichs garantierte und die Zeit der Besatzung durch die vier alliierten Mächte Sowjetunion, USA, England und Frankreich ( die „Vier im Jeep“) beendete.
Im Lichte der Waldheimdebatte 1985/1986 bekam dieser Mythos erste Risse und ermöglichte u.a. den rasanten politischen Aufstieg des rechtsextremen Populisten Jörg Haider.

Olga Flor
Als Literatin stellt sich Olga Flor in ihren letzten Texten gegen die populistische Vereinnahmung der österreichischen Politik.
“Wir wird durch seine Hohlform definiert, die gibt man nach Gebrauch bereitwillig verloren.” Dieser Satz entwirft ein dialektisches Spannungsfeld, das sowohl die Kollektivschuld durch die Nazizeit, als auch den Mythos des Opferstatus Österreichs in der 2. Republik reflektiert.

Michael Nowottny
Michael Nowottny verbindet in seinen Projekten Performance, Malerei, Skizzen und Videoarbeiten. Für „Ein Ort steht Modell“ hat Michael Nowottny während mehrerer Monate die Bevölkerung in Lofer, einem Grenzort in Salzburg porträtiert. An einem als Performance angelegten Event fotografiert Michael Nowottny die Teilnehmenden vor einer gemalten Kulisse im Stile eines Photographen des 19. Jahrhunderts.
Zufällig befindet sich Im Zentrum der Szene eine indische Fau im Sari, während der Rest der Bevölkerung die lokale Tracht trägt. Weniger der Aspekt des Porträts, als vielmehr diese Teilnahme an der Performance stellt einen Identitätsstiftenden Faktor dar.

Franz Wassermann
In “Jetzt gehöre ich zu euch” thematisiert Franz Wassermann gesellschaftliche Anerkennungsmechanismen und deren Zwänge, wie er sie in einem Ritual in seiner Kindheit erlebt hatte. Um in eine Bande aufgenommen zu werden, musste er einem Maikäfer den Kopf abbeißen. In seinem Performancevideo tritt Wassermann im Nadelstreifanzug auf und wiederholt diesen Akt.
Das Video stammt aus dem Wendejahr 2000. Wendehalsigkeit und Wechsel von Positionen werden in dieser Arbeit u.a. thematisiert.

Julya Rabinowich
“Der Tanz der sieben Populismusschmeier verbirgt den abgetrennten Kopf der Demokratie!“ Die im deutschsprachigen Raum mit zahlreichen Preisen gewürdigte austro-russische Autorin, entwirft mit dieser exklusiven Satzspende ( Text / literarischem bzw. lyrischem Beitrag), ein komplexes Bild, das einerseits vor dem Tod der Demokratie durch Populismus warnt, andererseits aber auch die Frage aufwirft, ob Demokratie überhaupt einen Kopf haben kann.

Markus Murlasits
Odin W. ist der Lieblingsmaler von Norbert Hofer, ein verspätetes Echo des Wahlkampfes von 1995 als die FPÖ sich hetzerisch gegen Kunst und Kultur stellate, um anschließend die ihrer Meinung nach unterstützenswerte Kultur zu propagieren. Odin W. steht dem rechtsextremen, deutschnationalen Burschenschaftermilieu nahe und ist in dieser politischen Karikatur von Murlasits als germanische Gottheit Odin dargestellt.

Michael Mastrototaro
Die Videoarbeit des 1970 in Graz geborenen Künstlers ist 2004 zum Thema der „Samtenen Revolution“ von 1989 in Bratislava entstanden und bekommt im Lichte der europaweiten Asyl und Migrationsdebatte, speziell im Jahre 2019 (30 Jahre „Mauerfall“ ) in der Austrian Maze Slideshow neue Bedeutung.

Hannah Feigl
Als Porträtmalerin bemüht sich Hannah Feigl um den Fokus auf das Individuum. Gleichrangig stellt sie Porträts von Berühmtheiten neben Unbekannten aus.
In der Diskussion, ob bei Frauen das Tragen eines Kopftuchs angemessen sei,
soll der Blick auf den individuellen Hintergrund nicht vergessen werden.

Lukas Pusch
1970 geboren in Teheran, aufgewachsen in Wien, arbeitet Lukas Pusch mit politischen Slogans, die er mit Malerei und Aktionen in Verbindung setzt .
Weiters ist er Herausgeber der Kunstzeitschrift Der Antist. Das Sujet des Kölner Doms in Verbindung mit dem als muslimischer Kampfslogan zu lesenden “Allah ist groß”, erinnert in diesem Setting an die “Silvesternacht von Köln”,
als in Deutschland „Willkommenskultur“ erstmals in einen nationalistischen Reflex kippte.

Gerd Mies
Mies thematisiert Bilder der brutalistischen Kirche in Mauer bei Wien. Die gestapelten Betonquader lösen sich aus der Konstruktion und vereinen sich zu malerischen Bildelementen. Die Kirche entstand auf Initiative von Margarethe Ottilinger und nach einer Idee des berühmtesten Bildhauers der österreichischen Nachkriegszeit, Fritz Wotruba. Ottilingers Motiv war, in einem Europa, in dem der Glaube an Gott schwindet, die Menschen aufzurütteln und zu zeigen, dass „noch immer Kräfte wirksam sind, die dem Geist des Unglaubens widerstehen“.
Wotrubas Kunst repräsentierte nach 1945 paradigmatisch die Moderne und Abstraktion in Österreich als Ablöse der Nazikunst. Ottilinger war eine österreichische Spitzenbeamtin, die vom KGB entführt wurde und jahrzehntelang in einem russischen Gulag festgehalten wurde. Ihr Leben ist Thema eines in Österreich gedrehten Films.

Kasper Kovitz
Der austro-amerikanische Künstler Kasper Kovitz lebt in LA. und arbeitete unter anderem als Kunstlehrer (Professur für Fine Arts)
bzw. Lecturer an der Kunstakademie in Beirut.
„Policeflag” (1999) ist eine Soutane mit eingenähter Malerei.
Diese zeigt die berittene Polizei im Washington Square Park von Los Angeles und erinnert an die umstrittenen Polizeireformen des rechtsnationalen österreichischen Innenministers , der in Wien Polizeipferde einführte.

Vor Sonnen-Aufgang

Laibach & Saup
„Vor – Sonnen- Aufgang“ aus dem Album „Also sprach Zarathustra“:
Das Gedicht von Friedrich Nietzsche vertont von Laibach, audiovisuell umgesetzt vom deutschen Medienkünstler Michael Saup, thematisiert das Atomlabor der Nazis im deutschen Haigerloch. Das Atomlabor Heisenbergs ist u.a. der Drehort dieser Videoarbeit von LAIBACH & SAUP, wobei die Ästhetik von Leni Riefenstahl (Olympia -Film) auf beeindruckende, weil ambivalente Weise zitiert wird. Mit der Teilnahme von LAIBACH & SAUP an der „Austrian Maze Slide Show“ kommt es zu einer Präsentation außerhalb der üblichen Kanäle. Die Nutzungsrechte für diese erschreckend schöne Videoarbeit wurden kostenlos von LAIBACH & SAUP zur Verfügung gestellt.
In der „Austrian Maze Slideshow 2019“ soll diese Arbeit nicht fehlen, da Österreich seit 1979 atomkraftfreie Zone ist. (40 Jahre Atomsperrvertrag in Österreich aufgrund eines Plebiszits – ein Unikum in Europa!)

Arye Wachsmuth
Arye Wachsmuths Kunst ist Teil seines Engagements in der Flüchtlingshilfe.
„Es wird nicht ohne hässliche Bilder gehen“ war ein Kommentar des österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz zur Migrationskrise, als dieser noch Integrationsstaatssekretär war.
Dieser Ausspruch wurde zum Fanal der Indifferenz angesichts des menschlichen Leids. In Wachsmuths Montage steht er auf dem LKW, in dem 2016 nahe der ungarischen Grenze 72 tote MigrantInnen entdeckt wurden.

© Brendan Kronheim 2019

Redigiert von Laura Balomiri und Philipp Wegan

poster